Hakan Keser • Türkei-Reisen mit Kindern (gestern und heute) | Dorsten, 09.11.2019
Autoput mon amour. Oder: wie die 28 Tage meines Lebens, die ich auf der Gastarbeiterroute verbrachte, meine Vorstellung von Urlaub prägten.
Was bedeutet Urlaub in einer Generation, die den Begriff Freizeitgesellschaft in seinem Vokabular nicht in Frage stellt? Ist der Begriff Urlaub dann tatsächlich ab und an mit dem Erste-Welt-Problem Freizeitstress verbunden?
Oder wird dann zum Stress, wenn die Kinder unbemerkt in die Adoleszenzphase eintreten und für Eltern und die Eltern der Eltern das Teenagersein neu definieren und Urlaub mit der Familie peinlich ist? Und dennoch sind die schönsten Urlaubserinnerungen wider Erwarten immer noch die unserer Kindheit. Wie allzu oft – wie die Erinnerungen an den Ex-Freund und Ex-Freundin verklärt, da ab einem gewissen Alter die positiven Höhepunkte im Langzeitgedächtnis überwiegen.
Nicht so bei Hakan Keser, Kind von türkischstämmigen Eltern, amtlich gebürtiger Bayer und somit in seiner Heimat Ruhrgebiet doppelt migrationshintergründig. Seine Erinnerung an Urlaub als Kind sind fest verbunden mit dreieinhalb Tagen in vollgestopften Autos, dreimal Geld wechseln in Währungen mit denen er sich eh nicht kaufen durfte und vor allem dem Autoput im ehemaligen Jugoslawien.
Retro-Freizeitstress 80er-Style auf 2.524 Kilometern. Und diese sind noch nicht einmal durch entscheidende Erfahrungen der kürzesten, aber aufregendsten Transitstrecke Bulgarien geprägt, das damals noch kommunistischer war als es sich Lenin hätte je erträumen. Und das Wasser. Das Wasser, das immer am Anfang einer jeden Reise stand.
Ein Füllhorn an „Wir-haben-früher-Erinnerungen“ aus dem der dreifache Familienvater bei jeder noch so kurzen Autofahrt reichlich schöpfen kann, wenn mit „Sind wir schon da?“, der Evergreen aller bekanntesten Kindersätze im Auto fällt.
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